Die Arbeitswelt hat sich in unserer heutigen Gesellschaft drastisch gewandelt. Im Zeitalter angebotener 24/7-Zug?nge sind traditionelle Arbeitszeiten l?ngst nicht mehr die Norm. Fahrradbot*innen, ehemals ein Symbol f?r physische und flexible Arbeit, sind nun Teil der digitalen Lieferrevolution und bestimmen in knallige Farben gekleidet das Bild westlicher St?dte.
Doch trotz der scheinbaren Freiheit von starren Strukturen und Stechkarten k?mpfen viele Arbeitnehmende weiterhin um gerechte Bedingungen. Unsichtbare Arbeit wie unbezahlte Haus- und F?rsorgearbeit, h?ufig von Frauen geleistet (was nicht zuletzt zu einem enormen Gender-Pension-Gap f?hrt), ist auch gegenw?rtig ein gesellschaftliches Problem und zeigt die Notwendigkeit feministischer Perspektiven in der Arbeitsdebatte, um Ungleichheiten und Ausbeutung anzusprechen.
Auch wenn Hammer und Sichel, einst Symbole des Arbeitskampfes, heute zu historischen Relikten geworden sind, ist der Kampf um faire L?hne und sichere Arbeitsbedingungen heute umfassender, globaler und aktueller denn je. Gleichzeitig sind Begriffe wie New Work, 4-Tage-Woche und Work-Life-Balance in aller Munde. Leere Worth?lsen und Wohlf?hlthemen einer digitalen Boh?me oder realistische Forderungen in einer Zeit h?chster Belastung, die alle Berufsgruppen stellen k?nnen und die die Dynamik zwischen Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen nachhaltig ver?ndern werden?
Arbeit ist jedoch nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu sehen, sie kann und sollte auch eine Quelle von Sinn und Erf?llung im Leben eines Menschen sein, unsere Identit?t und unser Selbstverst?ndnis pr?gen. Der Traum von der Befreiung der Arbeit von ?konomischen Zw?ngen wurde von dem deutschen Philosophen und Sozialtheoretiker Herbert Marcuse Ende des 20. Jahrhunderts gepr?gt: W?hrend in der heutigen Konsumgesellschaft, in der die Menschen auf materiellen Besitz fokussiert sind, die Arbeit zu einem blo?en Mittel zum Zweck wird, um den Konsum zu erm?glichen (was wiederum zu einer oberfl?chlichen und entfremdeten Lebensweise f?hrt), k?nnte eine Gesellschaft, in der die Arbeit nicht mehr das zentrale Element im Leben ist, den Menschen mehr Zeit f?r pers?nliche Entfaltung, kulturelle Aktivit?ten und kreativen Ausdruck lassen.
Die Ver?nderungen in der Arbeitswelt, die unsere Gegenwart pr?gen, sind komplex und vielschichtig und spiegeln die Anpassungsf?higkeit und die anhaltende Suche nach Gleichgewicht in einer sich st?ndig ver?ndernden Welt wider. In einer nicht zu fernen Zukunft werden Technologien wie KI und Automatisierung die Arbeitswelt weiter ver?ndern und neue Herausforderungen mit sich bringen, die erneut einen sozialen und politischen Diskurs erfordern. Doch steht Arbeit tats?chlich an der Schwelle zur Immaterialit?t oder besteht nicht eher die Gefahr, dass auf jene k?rperliche, geistige und emotionale Arbeit, die mit unz?hligen Bereichen unseres Lebens verbunden ist, vergessen wird? Kann harte Arbeit durch K?rper und H?nde m?glicherweise bald von Maschinen ?bernommen werden und sind wir vielleicht an einem Punkt, an dem Marcuses Vision Wirklichkeit werden k?nnte?
Die Ausstellung untersucht schlie?lich auch die oft prek?ren Aspekte k?nstlerischer und kultureller Arbeit und stellt Fragen nach der Verwischung der Grenzen zwischen Selbstausbeutung und Selbstverwirklichung. Ein Teil der Ausstellungsfl?che steht Neuproduktionen und performativen Kunstprojekten zur Verf?gung, die die Ausstellung w?hrend ihrer Laufzeit wachsen lassen. Eine in Koproduktion mit dem Museum f?r Geschichte entstandene Arbeit stammt etwa von den Filmemacher*innen Simon Nagy und Lia Sudermann, die sich mit Best?nden aus dem Fotoarchiv Blaschka besch?ftigen. Unter dem Titel Alles Arbeit erz?hlt das Museum f?r Geschichte parallel zur Ausstellung im Kunsthaus Graz anhand von historischen Pressefotografien aus der Agentur Foto Blaschka von der Schieflage in der Arbeitswelt und den massiven Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern, die zum Teil bis heute bestehen. Eine k?nstlerische Neuproduktion auf Grundlage des Fotoarchivs Blaschka wird in beiden Ausstellungen zu sehen sein.
K?nstler*innen:
Maja Bajevi?, Julien Berthier, Louisa Clement, Manuel Correa & Marina Otero Verzier, Jeremy Deller, Antje Ehmann & Harun Farocki, Aldo Giannotti, Liam Gillick, Lisa Gro?kopf, Andreas Gursky, Theresa Hattinger & Michael Hieslmair & Michael Zinganel, Tehching Hsieh, Johanna Kandl, Peter Kogler, KURS (Milo? Mileti?, Mirjana Radovanovi?), Luiza Margan, Pia Mayrw?ger, Sam Meech, Michail Michailov, Elisa Giardina Papa, Nika Radi?, Martha Rosler, Sebastian Schmieg & Silvio Lorusso, Christoph Schwarz, Selma Selman, Santiago Sierra, Lia Sudermann & Simon Nagy, Oliver Walker